von: PD Dr. Hela-Felicitas Petereit, Prof. Dr. Michael Haupts
Was bedeutet eigentlich Hygiene?
Der Begriff Hygiene leitet sich von dem Altgriechischen Wort hygieia ab, das man mit Gesundheit übersetzen kann. Es gab auch eine griechische Göttin gleichen Namens, in deren Zuständigkeitsbereich die Gesunderhaltung fiel.
Heute versteht man unter Hygiene alle die Maßnahmen, die der Gesunderhaltung dienen, insbesondere auch solche, die der Verhütung von übertragbaren Erkrankungen dienen. Hygiene wird in verschiedenen Bereichen angewendet. Neben der persönlichen Hygiene kommen auch Maßnahmen zur Gesunderhaltung zur Anwendung, die vom Gesetzgeber vorgegeben werden wie etwa die Wasserhygiene, Abwasser- und Müllentsorgung, Krankenhaushygiene und Nahrungsmittelhygiene.
Im Folgenden soll es um die Maßnahmen der persönlichen Hygiene und ihren Stellenwert zur Vermeidung übertragbarer Erkrankung wie COVID-19 gehen, die durch des SARS-CoV2-Virus verursacht wird.
Dazu muss man einige Fakten zum Coronavirus SARS-CoV2 zusammentragen. Das Corona-Virus ist ein RNA-Virus, das sich im Menschen und verschiedenen Tierarten (Säuger, Vögel, Fische) vermehren kann, und schon 1960 entdeckt wurde. 2002 hat ein anderer Corona-Virus-Stamm die SARS-Epidemie, 2012 ein weiterer Virusstamm die MERS-Epidemie verursacht. Das Virus kann sich nicht selbst vermehren, sondern ist darauf angewiesen, in Körperzellen ihres Wirts einzudringen und diese dahin zu bringen, alle Energie und Moleküle zum Bau von neuen Viruspartikeln (Virionen) bereitzustellen. Dabei stirbt die Wirtszelle ab, die Virionen werden in die Umgebung freigesetzt und befallen benachbarte Zellen, wo sich der Zyklus aus Virusvermehrung und Zelluntergang wiederholt. Beim Menschen werden zunächst die Schleimhäute in Mund und Nase durch SARS-CoV2 –meist durch Tröpfcheninfektion oder Hand-Mund/Nasen-Kontakt infiziert, was zu einem breiten Spektrum von Atemwegserkrankungen führt, die von einer banalen Erkältungskrankheit mit Husten, Schnupfen, gelegentlich auch Fieber oder Durchfällen bis hin zu schweren, tödlich verlaufenden Lungenerkrankungen reichen kann. Ein und derselbe Virusstamm kann je nach Verfassung der infizierten Personen und der Virusdosis zu unterschiedlich schweren Krankheitssymptomen führen. Es ist sogar möglich, dass eine Person nach Kontakt mit dem Virus (Infektion) Antikörper gegen SARS-Cov2 bildet und so immun wird, ohne selbst Krankheitssymptome zu zeigen. Bildet der Körper spezifische Antikörper gegen das Virus, kann er sich gegen den Befall weiterer Zellen und damit auch gegen die Vermehrung des Virus und den Zelltod wehren (Immunität). Der komplexe Vorgang der Bildung von spezifischen Antikörpern gegen ein Virus oder Bakterium dauert ca. 14 Tage. In dieser Zeit vermehrt sich der Erreger ungebremst und kann so sehr viele Körperzellen befallen. Eine Impfung würde zur Bildung von schützenden Antikörpern ohne Krankheitssymptome führen. Zurzeit wird fieberhaft an Impfstoffen gegen das SARS-CoV2 gearbeitet.
Neben der Menge an Viruspartikeln, die übertragen werden, spielen auch andere Einflussfaktoren eine Rolle dabei, ob eine Infektion auftritt, und wie schwer diese verläuft. So verträgt das Corona-Virus Temperaturen über 60°C nicht. Es wird auch durch Seifenlauge und Desinfektionsmittel abgetötet. Wenn die infizierte Person schon Vorerkrankungen an den Schleimhäuten oder der Lunge hat wie COPD oder Asthma bronchiale, kann die Infektion ebenfalls schwerer verlaufen. Auch bei älteren Menschen verläuft die Erkrankung oft schwerer, weil das Immunsystem nicht mehr so effektiv arbeitet. Man spricht auch von der Immunseneszenz, dem Altern des Immunsystems.
Aus den genannten Eigenschaften resultieren die wichtigsten Hygieneempfehlungen zum Schutz vor COVID-19, die aber auch für andere Viren wie Influenza (Grippe) und Bakterien gelten, die über Ausatmungsluft, Speichel oder Handkontakt übertragen werden:
Das wichtigste ist, die Virusmenge, der man sich aussetzt zu reduzieren. Das kann man sehr wirksam, indem alle Abstand voneinander halten, damit die Ausatmungsluft und der feine Speichelnebel, den wir beim Sprechen verteilen, das Gegenüber nicht treffen. Hier hat jeder auch eine besondere Verantwortung für seine Mitmenschen: Husten oder Nießen sollte man nicht in die Umgebungsluft, sondern in ein Tuch oder die Armbeuge, die dann später gereinigt werden.
Mund-Nasen-Masken können getragen werden und reduzieren die Zahl an Viren, die ein Infizierter an die Umgebung abgibt. Mit Ausnahme von FFP2-Masken, die aktuell beruflich exponierten Menschen vorbehalten bleiben sollten, bis der Nachschub ausreicht, schützen Mund-Nasen-Masken der Träger nicht zuverlässig vor einem Viruskontakt.
Wenn aber alle Menschen bei uns Masken vor Nase und Mund tragen würden, wie es höfliche Japaner und Koreaner seit Langem tun, wäre die Ansteckungsgefahr für alle deutlich niedriger!
Das einfache Waschen hat schon einen Verdünnungseffekt, weil ein Teil der Viren von den Händen oder vom Gesicht gespült wird. Seifenlauge tötet die Viren zuverlässig ab. Desinfektionsmittel tun dies ebenso, werden aber im häuslichen Umfeld nicht empfohlen, auch um die Knappheit an Desinfektionsmitteln in medizinischen Einrichtungen nicht weiter zu verschärfen.
Menschen mit MS haben kein wesentlich höheres Risiko als gleichaltrige Menschen, an COVID-19 (der Corona-Krankheit) zu erkranken und Schaden zu nehmen. Die MS-Vorbeugung mit immunmodulierenden Medikamenten sollte auch nicht ohne Not abgesetzt werden, um Schübe der MS zu vermeiden. Aber diejenigen, die älter sind, vielleicht sogar Zweitkrankheiten an Lunge oder Herz haben oder auch noch mit immunmodulierenden Therapien behandelt werden, sollten sich besonders schützen.
Die 5 wichtigsten Hygieneregeln lauten:
Hände waschen. Seife reicht (und spült Viren sogar besser als Desinfektionsmittel ab!) – aber lange genug waschen, 30 Sekunden Einseifen aller Finger und Handflächen sollten es sein.
Richtig husten und niesen: in die Ellenbeuge – oder in einen dichten Schal oder eine Mund-Nasen-Maske
Nicht ins Gesicht fassen – oder vorher und sofort nachher Hände waschen. Und Vorsicht beim Anfassen von Türklinken und Griffen: ebenfalls nachher Hände waschen!
Auf Abstand bleiben. Wie es die Bundeskanzlerin empfiehlt! 1,50 Meter (zwei Armlängen). Keine Hände schütteln – und im Zweifelsfall auf Umarmungen verzichten.
Menschenmengen meiden: nicht mehr als zwei Leute zusammen. Kassenschlangen, volle Bahnen, volle Wartezimmer meiden.
Wenn Sie am Telefon Ihre Enkel oder Nachbarskinder nach diesen fünf Regeln fragen – haben die Kinder diese im besten Fall schon lange auswendig gelernt. Fragen Sie mal! Telefon oder Bildschirm sind ja erlaubt!
Und: Wenn Fieber oder anhaltender Husten auftreten, sollten MS-Betroffene den Hausarzt oder Neurologen anrufen, um über die Notwendigkeit von Maßnahmen inkl. Medikamentenänderungen zu entscheiden.
Weitere Informationen finden Sie auch unter:
Literatur
Rabenau HF(1), Cinatl J, Morgenstern B, Bauer G, Preiser W, Doerr HW. Stability and inactivation of SARS coronavirus. Med Microbiol Immunol. 2005 Jan;194(1-2):1-6.
2 Kommentare
Susanne Schulze · 25. Mai 2020 um 20:20
Schön zusammen gefasst! Alles Wichtige drin, so mag ich das 🙂 Danke!
Ilona Habermeyer · 20. Juli 2020 um 10:18
Fühle mich gut beraten und aufgeklärt
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